Wenn man den Museumskurator alles fragen kann, dann…

… ist „Ask A Curator“-Tag. Unlängst hat sich der Microblogging-Dienst in den Social Media-Werkzeugkasten von knapp 150 deutschen Museen etabliert (Stand 01.11.2012). Von München bis Stralsund, von Düsseldorf bis Dresden, von Stuttgart bis Berlin zwitschern Ausstellungshäuser täglich bis wöchentlich auf Twitter. Einige wenige gibt es, die es leider nicht über die 1-Tweet-Hürde geschafft haben oder bereits seit Monaten inaktiv sind. Dennoch finden Museumsinteressierte auf Twitter täglich aktuelle Infos und auch Ansprechpartner mit den dort aktiven vertretenen Institutionen, meist in Form des Mitarbeiters, der den Bereich Social Media betreut.

askacurator

Screenshot: Startseite von http://www.askacuratorday.com

Vor über 2 Jahren hatte Jim Richardson aus England eine Idee, um das „regelmäßige Rauschen“ im Twitter-Universum zu unterbrechen und rief zu einer besonderen Aktion auf: Dem „Ask A Curator“-TagIn Eigenregie rief er die twitternde Museumswelt auf, am 02.09.2010 einen Kurator/eine Kurtorin des Hauses mit an den Computer zu holen bzw. für einen Tag das Twitter-Zepter an ihn/sie zu übergeben. Denn die Idee war, dass die User an diesem Tag bislang ungestellte, spezielle Fragen an Ausstellungskuratoren stellen konnten. Dem Aufruf folgten die Anmeldungen. Weltweit beteiligten sich über 200 Museen aus 23 Ländern. Die meisten Teilnehmer-Museen kamen aus englisch-sprachigen Ländern. Aber auch Deutschland war vertreten. Bei der Premiere im Jahr 2010 waren 14 Einrichtungen aus verschiedenen musealen und kulturellen Bereichen mit dabei und warteten gespannt auf die Tweets mit der @-Erwähnung und dem Hashtag des Tages #askacurator.

Der Erstversuch wurde von vielen Seiten mit Spannung erwartet. Leider hielt sich die Resonanz in Grenzen, was nicht zuletzt mehrere Gründe hatte. Zum einen wurde Twitter bislang und in den meisten Fällen als „Eine-Richtung-Kommunikation“ betrachtet und konsequenterweise auch so genutzt. Die wenigsten Museen visierten die Kommunikation und den Austausch mit der Twitter-Gemeinde mit ihrer Aktivität im Alltag an. Zum anderen – und genau das ist leider auch eines der Knackpunkte bei der Wiederauflage 2012 gewesen – wurde die Twitter-Aktion in den seltensten Fällen außerhalb des Netzwerkes beworben wurde. Zum Teil noch nicht einmal über die eigene Facebook-Seite, andere Präsenzen im Social Web oder die Website. Doch genau diese Vorbereitung ist ein integraler Bestandteil für das Gelingen eines solchen Events. Im Social Web genauso wie im echten Museum.

askacurator fazit

Grafik: Fazit-Visualisierung zu #askacurator, Sebastian Hartmann

Nichtsdestotrotz zogen die meisten der beteiligten Museen ein positives Resumé. In einem Interview zeigte der Direktor des NRW-Forums Düsseldorf die Vorteile auf, die eine Teilnahme am „Ask A Curator“-Tag mit sich bringt. Doch welchen Mehrwert haben Museen, die sich an einer solchen Aktion beteiligen? Ist Dabeisein alles? Oder ist es mehr als nur das? Exemplarisch seien folgend 4 Aspekte genannt, die einen Mehrwert für ein Museum bedeuten (können):

  1. Die Aufmerksamkeit: Wer als kleines Museum, wie zum Beispiel das Museumsdorf Kürnbach, bei #askacurator mitmacht, der erschien auf der Übersichts-Seite mit einigen anderen großen, zum Teil den erfolgreichsten Museen Deutschlands. Auf der Hauptseite waren zudem alle internationalen Museen griffig und übersichtlich aufgeführt. So wurden weltweit die Twitter-User beim Durchklicken der Teilnehmerliste auch auf nicht so renommierte Häuser wie die Tate oder das MoMA aufmerksam.
  2. Die Reichweite: Wer an einer Aktion wie #askacurator teilnimmt, erreicht mehr als nur seine Follower, von denen Fragen erwartet werden. Durch den Nutzung des Hashtags ist das Potential vorhanden, einer erweiterten Interessentenkreis anzusprechen. Nämlich jeden, der den Hashtag nutzt. Dazu muss proaktiv gehandelt werden. Sprich: Den Hashtag beobachten, allgemeine Fragen mit #askacurator mit „abfangen“ und auch mit @Erwähnung Twitterer ansprechen, die vielleicht noch keine Follower des eigenen Accounts sind. Ergo: Durch erhöhte Aktivität und Initiative lässt sich der virtuelle Freundeskreis im Handumdrehen erweitern.
  3. Die Wissensvermittlung: Viele Museen haben es sich seit Jahren auf die Fahne geschrieben, ihr Wissen nach außen zu tragen und dadurch ein breiteres Publikum für die Materie zu begeistern. Auch das ist innerhalb der sozialen Netzwerke möglich und gleichermaßen realistisch. Wer eine Frage stellt, bekommt eine Antwort. Das ist die Basis für die Weitergabe von Knowhow und Wissen. Auch wenn in nur 140 Zeichen geantwortet wird.
  4. Das Kennenlernen: Dialogbereitschaft ist eines der Grundvoraussetzungen im Social Web, bei Twitter und vor allem bei dem #askacurator-Event. Das ist nicht immer unanstrengend, aber im Nachklang erfährt auch das Museum einiges: Wer folgt mir eigentlich genau? Was interessiert den Follower? Welchen Themen sind ausbaufähig für die Plattform? Welche Menschen stecken hinter den Accounts? Waren die User auch schon mal bei uns im Museum? Fragen über Fragen, die durch die Kommunikation schnell eine Antwort finden können.

Bei allem Mehrwert ist zu bedenken, dass dieser nur bei einer professionellen Planung, Vorbereitung, Organisation, Durchführung und Nachbereitung entsteht.

Im Jahr 2012 folgte am 19.09. die zweite Runde von #askacurator. Diesmal standen über 600 Museen von allen Kontinenten auf der Teilnehmerliste. Dort standen auch 22 Einrichtungen aus Deutschland. Leider stellte sich im Nachhinein heraus, dass einige Museen einfach von der Anmeldeliste aus 2010 namentlich übernommen und nicht gefragt wurden, ob sie erneut mit dabei sind. Die Konsequenz war, dass manche Fragen unbeantwortet blieben. Auf der anderen Seite strotzten einige Museen voller Kreativität und machten zum Teil mit großem Organisationsaufwand #askacurator zu etwas ganz besonderem.

Exemplarisch seien hier ein Museum(sverbund) und ein Ausstellungsprojekt hervor zu heben. Bei den Staatlichen Museen Berlin gab es ein wahres Twitter-Frage-Antwort-Programm. Mehrere Kuratoren aus den sehr unterschiedlichen Einrichtungen der SMB standen Rede und Antwort. Es wurde die Kommunikation mit den Usern gesucht, zum Fragen animiert und über den Tag hinweg sehr ausführlich und auf den Punkt geantwortet.

Wort wörtlich und multimedial agierte das Ausstellungsprojekt „Do It Yourself“, dass bereits in den 3 Museen für Kommunikation in Deutschland zu sehen war und aktuell in der DASA Dortmund gastiert. Hier gab es die Antworten als Audiospur, die bei Soundcloud hochgeladen und als Info in die Tweets eingebaut wurde. In beiden Fällen ist eine Nachbetrachtung möglich.

askacurator diy-ausstellung soundcloud

Screenshot: Soundcloud-Account der DIY-Ausstellung

Nach der Aktion ist vor der Aktion. Schnell wurde im Anschluss zu #askacurator diskutiert, ob sich der Aufwand und das Twitter-Event lohnen würde. Die Beteiligung war 2012 wie 2010 schon mäßig und ausbaufähig. Auch Jim Richardson, der nach dem ersten „Ask A Curator“-Tag die Videoplattform www.askacurator ins Leben rief, äußerte sich dazu. Für ihn stehe fest, dass #askacurator nur eine gute Zukunft hat, wenn die Museen mehr Initiative zeigen und das Ruder selber mehr in die Hand nehmen. Sein Vorschlag war, dass ein großes Museum (bestenfalls in jedem Land) federführend als Organisator in Erscheinung treten und viele andere Einrichtungen mitziehen müsste. Das würde zum Gelingen deutlich beitragen.

askacurator video plattform

Screenshot: Website http://www.askacurator.com

Das Fazit: Das erfreuliche ist, dass #askacurator in 2012 als „Trending Topic“ gelistet wurde, was für die Sparte „Museum“ nicht selbstverständlich ist auf Twitter. Eigentlich müsste doch dann jeder Tag dort „Ask A Curator“-Tag sein, um die Museen weiter nach vorne zu bringen. Abgesehen davon, sollte jedes Museum  jeden Tag im #askacurator-Modus sein und Fragen von Usern beantworten. Dies ist eine Grundvoraussetzung für den Umgang mit und im Netzwerk Twitter. Wenn es zukünftig gezielte Aktionen geben soll, ist eine gut strukturierte, professionelle und von den Museen selbst mit initiierte Organisation pflicht. Und dies schließt vor allem eines mit ein: Die Einbindung aller Kanäle im Web, der klassischen Medien und vor allem der Besucher im Vorfeld.

askacurator topsy tweetrate

Grafik: Tweetrate #askacurator via http://www.topsy.com

Ich selbst habe als Museumsfan an #askacurator teilgenommen. Ich habe nicht nur kanpp 24 Stunden beobachtet, verfolgt und mitgelesen, sondern auch an alle deutschen Teilnehmer eine Frage gerichtet. Die Antworten habe ich visuell als Pinterest-Board festgehalten. Gleiches gilt für die Frage, die ich als „Ketten-Tweet“ an teilnehmende Ausstellungshäuser auf der ganzen Welt geschickt habe. Sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene habe ich leider nicht immer eine Antwort erhalten.

askacurator pinterest international

Screenshot: Antworten auf meine Fragen zu #askacurator (Museen international)

askacurator pinterest

Screenshot: Antworten auf meine Fragen zu #askacurator (Museen in Deutschland)

Ob es eine 3. Auflage von #askacurator gibt, ist noch nicht abzusehen. Jedenfalls ist es so: die sozialen Netzwerke brauchen solche Events um das kontinuierliche Informations- und Kommunikationsrauschen zu unterbrechen und „Programm zu machen“.

Artikel zu #askacurator:

Kultur-divers.de: #askacurator: mitmachen oder nicht? Überlegungen aus Museumssicht

DIY-Ausstellung: Der „Ask a curator“ Tag 2012 – Erfahrungsbereicht von der DIY-Ausstellung

Staatliche Museen Berlin: Zusammenfassung der Staatlichen Museen Berlin zum #AskACurator-Tag

Iliou Melathron: Wer hat den Kurator befragt? Anmerkungen zum #askacurator Tag in Deutschland

Iliou Melathron: Fragen Sie den Kurator > #askacurator

Mar Dixon: #AskACurator Trends and Archives

Ausstellungen Einstellungen: Ask A Curator wird zur Plattform

Artinfo24: Ask A Curator Fazit und Auswertung zum Twitter-Event

Visitatio: Artikel zum Ask A Curator-Tag

2 Kommentare

  1. Darf ich auch noch meinen Artikel auf Museum Diary, „How to #askacurator – 10 tips for museums“ zum weiter lesen empfehlen? Auf Wunsch der Community habe ich dort zusammen gefasst, wie bei den Staatlichen Museen zu Berlin der Tag für uns zum Erfolg wurde:
    http://blog.jennifuchs.com/2012/09/25/how-to-askacurator-10-tips-for-museums/
    LG, Jenni

  2. Gerne liebe Jenni! Werde den Artikel auch noch in der Linkliste ergänzen.

Hinterlasse einen Kommentar